105jähriger Zeitzeuge Leopold Engleitner in der HAK-Steyr

Der älteste Überlebende in drei Konzentrationslagern erzählte

Richtig in den Bann gezogen hat der 105jährige Zeitzeuge Leopold Engleitner mit seinen Erzählungen aus dem Konzentrationslager rund 200 Schüler und Schülerinnen von HAK, HLW und BG Steyr. Die Religionsprofessorin Insa Rössler organisierte diese Veranstaltung zusammen mit der Geschichteprofessorin Katharina Ulbrich.


Initiatorin Prof. Insa Rössler

 


Der Biograph Bernhard Rammerstorfer und Zeitzeuge Leopold Engleitner



Der im Jahre 1905 im Salzkammergut geborene Engleitner lernte als Volksschüler sogar noch Kaiser Franz Joseph in Bad Ischl kennen. Recht angetan war er nicht von den ?Reichen und den Adeligen?, denn seine Kindheit und Jugend waren von bitterster Armut gekennzeichnet. Nach dem Ersten Weltkrieg überstand er zum Glück die Spanische Grippe, die aber in Europa Millionen Opfer forderte. Mit 27 Jahren vollzog Leopold Engleitner einen drastischen Schnitt in seinem Leben. Er trat aus der katholischen Kirche aus und bekannte sich als überzeugter ?Bibelforscher?, wie damals die Zeugen Jehovas genannt wurden. ?Es begann nun jene Zeit, in der Engleitner zum Opfer von Intoleranz wurde?, so erläuterte sein Biograph Bernhard Rammerstorfer.

 



Austritt aus der katholischen Kirche im Jahre 1932

 

 


Gespannt folgten die Schüler den Ausführungen und Erzählungen.



In den schweren Jahren der Weltwirtschaftskrise wurden nur katholische und evangelische Christen mit Arbeitslosengeld versehen, jedoch nicht die ?Zeugen?.
Mit dem Anschluss von Österreich an Hitler-Deutschland kam unweigerlich der Konflikt mit dem Nationalsozialismus.



Zitat von Bernhard Rammerstorfer: ?Hitler und Engleitner wuchsen im gleichen Kulturkreis auf. Der eine wurde ein Massenmörder, der andere ein Friedensarbeiter!?


Wegen Wehrdienstverweigerung kam er am 4.4.1939 ins Gestapo-Gefängnis. Mit fester Stimme brachte der Zeitzeuge den damaligen Dialog im Gerichtssaal zu Gehör:
Richter: ?Ich warne Sie, Sie stehen mit beiden Füßen im Grab.?
Engleitner: ?Wird denn an der Front mit Bonbons geschossen? Dort kann es gar nicht sicher sein!?

 



Festnahme wegen ?staatsfeindlicher Tätigkeit?



Leopold Engleitner wird verurteilt wegen staatsfeindlicher Tätigkeit und kommt ins KZ Buchenwald. Ganz deutlich ist ihm die Erinnerung an den missglückten Attentatsversuch von Elser 1939. ?Alle KZ-Insassen bekamen danach drei Tage nichts zu essen, die Juden gleich sechs Tage!? Nur knapp ist er der Hinrichtung mit der Todesspritze entgangen. Er kam ins KZ Niederhagen und später ins KZ Ravensbrück.

 


Konzentrationslager Ravensbrück

 


Meldekarte im KZ Ravensbrück für Leopold Engleitner

 



Drastisch klingen die Worte eines SS-Mannes aus dem KZ über das ?unentrinnbare Schicksal? Engleitners: ?Entweder unterschreiben Sie den Revers (keine Kriegsdienstverweigerung mehr) oder Sie  gehen durch den Kamin!? Gegen jede Vernunft erwarb der KZ-Häftling einen Koffer, mit der nach Hause gehen werde. Tatsächlich wurde er am 15.7.1943 aus dem KZ Ravensbrück entlassen. Sein Körpergewicht war auf 28 Kilogramm gesunken! Nach einem Befehl von Heinrich Himmler ?sind Bibelforscher brave Leute, die in der Landwirtschaft arbeiten können.? Er kam zu einem Bauern in St. Wolfgang.

 

 


Entlassungsschein aus dem KZ Ravensbrück vom 15.7.1943

 



Drei Wochen vor Kriegsende bekam er noch einen Einberufungsbefehl zur Wehrmacht, dem er sich durch Flucht ins Gebirge entzog. Auch die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war für Engleitner durch Ausgrenzung und Unverständnis geprägt.

 


Seine Biographie wurde von Bernhard Rammerstorfer 1999 veröffentlicht unter dem Titel ?Ungebrochener Wille.? Als 100jähriger begab er sich auf eine ?Zeitzeugen-Tournee? in die USA, von der ein faszinierender Filmbericht gezeigt wurde.

 

 


Biograph Rammerstorfer und Zeitzeuge Engleitner

 

 


Schülerinnen kauften die Biographie