Eine etwas andere Schulwoche: Erasmus Job-Shadowing

Prof. Benedikt Rebhandl berichtet über sein Jobshadowing in einer dänischen Schule in Vejle.

Rebhandl mit seiner dänischen Kollegin Hanne Meldgaard

Von 10. bis 14. März besuchte ich im Rahmen des im Rahmen des EU-Austauschprogrammes Erasmus+ für eine Woche ein wirtschaftliches Gymnasium in Vejle, Dänemark, um das dänische Ausbildungssystem kennenzulernen und um Inspirationen für den Unterricht an HAK und HAS zu sammeln. Ich nahm am Unterricht teil, führte Interviews mit dänischen KollegInnen und besuchte eine weltweit einzigartige Schulform: eine sogenannte „Efterskolen“.  

Sie ist eine absolute Besonderheit im dänischen System: Die Efterskolen – auf Deutsch „Nachschule“. Nach 9 Jahren gemeinsamer Gesamtschule haben dänische Schülerinnen mit ca. 16 Jahren die Möglichkeit, ein Jahr lang eine „Nachschule“ zu besuchen. Das ist eine Internatsschule, in der es weniger um Fachwissen als um die Förderung persönlicher Interessen, Eigenständigkeit und Persönlichkeitsentwicklung geht. Meist sind die Schulen spezialisiert auf Förderung spezifischer Interessen, etwa Gymnastik, Musik oder Mannschaftssport.  

Ein gutes Miteinander ist das Wichtigste an dieser Schule. Dafür gibt es auch strenge Regeln, an die man sich halten muss: Wer sein Zimmer in der Früh nicht aufräumt, fährt in der Mittagspause 12km Fahrrad, während die anderen sich ausruhen.  Die Mahlzeiten werden von allen zur selben Zeit eingenommen und die SchülerInnen kochen selbst und übernehmen auch den Abwasch. So lernen sie, Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen. Am Abend werden die Handys in einer Handy-Box verstaut, um eine ruhige Nacht zu gewährleisten.  

Die Ausgaben sind hoch, das Schulgeld beträgt 400 Euro pro Woche – eine Investition, die sich wohl rechnet. Für einkommensschwächere Familien gibt es finanzielle Entlastungsmodelle. Das Geld ist gut investiert, die SchülerInnen entwickeln sich persönlich und sozial und profitieren sehr von der Gemeinschaft. Sie äußern sich ausschließlich positiv zu der Schulform, manche sprechen sogar vom „besten Jahr“ ihres jungen Lebens.  

Mehr Ressourcen, kürzere Ferien 

Erst danach geht es für die meisten ans Gymnasium – Schauplatzwechsel also: Am Campus Vejle gibt es neben anderen Schulformen auch ein wirtschaftliches Oberstufengymnasium. Diese dauert drei Jahre und kommt der HAK wohl am nächsten. Erasmus-Koordinatorin Hanne Meldgaard ist für die Austauschprojekte an dieser Schule zuständig. Sie erklärt bei einem Rundgang, wie alles organisiert ist.  Viele ExpertInnen arbeiten für ein bestmögliches Bildungsresultat zusammen: Es gibt unterstützendes administratives Personal, PsychologInnen, Coaches, wirtschaftliche ExpertInnen etc. LehrerInnen sind vor allem für das Unterrichten da. Fachunterricht wird in manchen Klassen in den wirtschaftlichen Fächern auf Englisch unterrichtet.  Mehrwöchige Auslandsaufenthalte und Praxisnähe, sind weitere Eckpfeiler. Ein Beispiel: Am Campus betreiben BerufsschülerInnen, die keinen Ausbildungsplatz finden, ein Modegeschäft in dem sie Logistik-, Sales- und Marketingerfahrung sammeln. Dafür werden Sie bezahlt.  

Gelebte Gemeinschaft

Man versucht, Schule bewusst als möglichst sozialen Ort zu gestalten, an dem nicht nur gearbeitet, sondern gemeinsam gelebt wird. Eine öffentlich zugängliche Schulkantine und ein Fitnessstudio im Keller laden dazu ein, über die Unterrichtszeit hinaus Zeit im Gebäude zu verbringen. Auch im Umgang miteinander ist ein freundschaftliches Verhältnis zu LehrerInnen wichtig: „Lisbet“ rufen die SchülerInnen den Vornamen der Deutsch-Lehrerin durch die Klasse, wenn sie Hilfe brauchen und lachen, weil „Frau Professor“ so komisch in ihren Ohren klingt.  

Klingt super, gibt es auch Nachteile? Die gibt es: Kürzere Sommerferien sind einer davon. Schüler haben sechs Wochen frei, Lehrer überhaupt nur vier.

Mit dem Handyverbot ist am Campus Vejle eine Maßnahme bereits in Kraft, die bei uns derzeit diskutiert wird: Alle Schüler geben zu Beginn der Stunde ihre Handys freiwillig ab.